Phonetische Spiele
Bereits während des Studiums habe ich mir gerne zum besseren Lernen
bestimmter Inhalte Lernspiele gebastelt. Jetzt als Dozentin auf der anderen Seite
stehend lasse ich in der letzten Zeit dieses Hobby wieder aufleben.
Für phonetische Spieleabende in unserem Institut habe ich bekannte Spiele
wie z.B. Scrabble, Memory oder Quibble für phonetische Inhalte umgewandelt.
Und so habe ich bisher folgende Spiele in meiner Spielesammlung:
A. Zur Festigung der IPA-Symbole
IPA-Memory in zwei Varianten:
- Variante a: Paare derselben IPA-Symbole müssen gefunden werden.
- Variante b: Paare aus IPA-Symbol und phonetischer Beschreibung des Lautes
müssen gefunden werden (also z.B. ein ich-Laut und die Beschreibung
"stimmloser palataler Frikativ").
Ondoku - das Sudokuspiel mit IPA-Symbolen. Die Zahlen 1-9 der üblichen
Sudoku-Anordnung werden hier durch neun IPA-Symbole ersetzt.
 
Ein Beispiel, in dem
sowohl Konsonanten- als auch Vokalsymbole gemischt wurden, können Sie
hier
herunterladen
(Lösung
hier
).
B. Zum Trainieren einer normativen
phonetischen Transkription des Deutschen
Das Herzstück der Sammlung ist ein IPA-Scrabblespiel: Auf dem üblichen
Scrabble-Spielbrett werden die Wörter nicht aus Buchstaben zusammengesetzt,
sondern als normative phonetische Transkription des Deutschen mit IPA- Symbolen
aufgelegt.
Viele bekannte Sprachspiele kann man auch für phonetische
Übungen nutzen. In der Grundschule lernt man z. B. mit Hilfe des Spieles Galgenmännchen
Rechtschreibung. Warum also nicht auch eine normative phonetische Transkription
wie im Aussprache-DUDEN mit Hilfe von Galgenmännchen üben? Das Prinzip ist
ganz einfach: Nachdem man sich auf Transkriptionsregeln geeinigt hat, kann es los
gehen. Die ratenden Mitspieler tippen in diesem Fall nicht auf ein "b", sondern
auf einen stimmhaften bilabialen Plosiv.
Ein anderes Sprachspiel eignet sich ebenso gut: Buchstabenpuzzle -
in diesem Fall Lautpuzzle: Aus den Lauten eines Wortes sollen
neue Wörter gebildet werden. In den neuen Wörtern müssen
nicht alle Laute des Ausgangswortes enthalten sein.
Ein Beispiel:
 
hier
finden Sie zwei
Rätsel, die Sie selbst lösen können (einige mögliche
Lösungswürter
hier
)
Bei dem Sprachspiel Gefüllte Leberwurst geht es darum,
ein Wort zuerst von oben nach unten Buchstabe für Buchstabe
aufzuschreiben. Anschließend wird den Buchstaben gegenüber
dasselbe Wort von unten nach oben eingetragen. Nun stehen sich der erste
und letzte Buchstabe auf einer Zeile gegenüber und der letzte und
der erste... Dasselbe kann man auch mit den IPA-Symbolen eines
transkribierten Wortes tun.
Nun müssen neue Wörter gebildet werden, die jeweils mit dem
ersten Laut einer Zeile beginnen und dem zweiten Laut der Zeile enden.
Ein Beispiel:
Wie dieses Beispiel zeigt, kann es leider für bestimmte Laut-Kombinationen
keine Lösung geben (z. B. aufgrund von Restriktionen der deutschen
Phonotaktik).
C. Üben allgemeiner phonetischer
Kenntnisse und Fähigkeiten
Zur Sensibilisierung für die Laute des Deutschen:
Stellen Sie sich vor, Sie haben die folgenden acht Wörter vorgegeben
und sollen diese so in eine Reihenfolge bringen, dass immer nur ein Laut
geändert werden darf: "toll" (das ist das Startwort), "Lohn", "viel",
"Tier", "Ton", "vier", "voll", "Tor".
Die Lösung:
toll
voll ([t] durch [f] ersetzt)
viel ([O] durch [i:] ersetzt)
vier ([l] durch 'vokalisiertes r' ersetzt)
Tier ([f] durch [t] ersetzt)
Tor ([i:] durch [o:] ersetzt)
Ton ('vokalisiertes r' durch [n] ersetzt)
Lohn ([t] durch [l] ersetzt)
 
hier
finden Sie ein paar weitere Beispiele
zum selbst spielen (die Lösung finden
Sie
hier
).
Kennen Sie das Kartenspiel Teamwork? Eine einfache, aber geniale Idee: Zwei
Spieler müssen einen Begriff in einem Satz erklären. Sie dürfen
sich aber nicht vorher absprechen und bilden diesen Satz immer im Wechsel - jeder
ein Wort. Die Mitspieler erraten den beschriebenen Begriff. Dieses Spiel gibt es
in sehr vielen verschiedenen Varianten (mit Begriffen aus dem alltäglichen
Leben oder aus dem Bereich Urlaub, Religion etc.) - und nun auch mit linguistischen
und phonetischen Begriffen.
Natürlich darf in unserer Spielesammlung auch das schon lange bekannte
akustische Memory aus Filmdöschen nicht fehlen (diese Idee stammt
selbstverständlich nicht von mir ;-)): In jeweils zwei Filmdöschen sind
die gleichen Gegenstände (Reis, Knöpfe, Nudeln etc.) enthalten. Durch
Schütteln der Döschen muss man am Geräusch erkennen, in welchen beiden
der gleiche Inhalt ist. Auf diese Weise lernen die Studierenden, ganz genau
hinzuhören und auch feine Details des Gehörten wahrzunehmen und zu
differenzieren.
Ein beliebtes Reisespiel, für das man nichts außer einem Zettel und
einem Stift braucht, ist das Spiel STADT, LAND, FLUSS. Alle Mitspieler
überlegen sich so schnell wie möglich eine Stadt, ein Land, einen Fluss
mit einem bestimmten vorher festgelegten Anfangsbuchstaben. Das Spiel ist beliebig
erweiterbar um Tiere, Berufe etc. Und ebenso gut können diese Kategorien durch
Kategorien aus der Phonetik oder Linguistik ersetzt werden. Also z.B.: Sucht
Fachbegriffe aus den Bereichen ARTIKULATION, AKUSTIK, PROSODIE etc.,
die mit dem Buchstaben "F" beginnen (wie "Frikativisierung", "Formant" und
"Falsettstimme"). Der Haken dabei: Die Kategorien sollten sich
möglichst wenig überschneiden (und Falsett ist natürlich
auch eine besondere Form der Artikulation).
D. Signalphonetische Übung
Ein wichtiger Teil der Ausbildung eines Phonetikers besteht darin zu
lernen, das akustische Signal - v. a. Spektrogramme - zu lesen. Mit dem
Spektrogramm-Domino haben die Studierenden die Möglichkeit,
diese Fähigkeit etwas zu trainieren. Anstelle der üblichen Punkte
enthalten hier die Dominosteine 10 verschiedene Wörter und ihre
entsprechenden Spektrogramme. Die Aufgabe besteht darin, die passenden
Wörter, Spektrogramme bzw. Wort-Spektrogramm-Kombinationen aneinander
zu legen.
E. Übung zur Produktion und
auditiven Erkennung von Stimmqualitäten
Da ich sehr an Stimmqualitäten interessiert bin und zu diesem Thema
gelegentlich Seminare gebe, habe ich zum Üben der Stimmkomponenten die
Spielidee von Quibble abgewandelt.
Aus dem großen Pool möglicher Stimmkomponenten, die von John Laver (1980)
genannt werden, habe ich mir 16 ausgewählt. Reihum muss ein Spieler eine
bestimmte Äußerung mit einer bestimmten Stimmqualität vorlesen und die
Mitspieler müssen die Stimmqualität erraten. Je besser man im Produzieren
und Erkennen der Qualitäten ist, umso mehr Felder darf man im Spielfeld
vorrücken und umso schneller ist man am Ziel angekommen.
IPA-Kekse
Ein weiteres phonetisches Hobby von mir ist das Backen von IPA-Keksen. Ende der
90er Jahre hatten wir fortgeschrittenen Studierenden die Idee, Kekse in Form von
IPA-Symbolen für den Tag der offenen Türe der Universität zu backen
(indem wir die Symbole aus einem
normalen Keksteig ausschnitten). Als ich 2006 zurück nach
Saarbrücken gekommen bin, habe ich diese Idee wieder aufleben lassen. Seitdem
sind sie fester Bestandteil von Festlichkeiten in unserem Institut. Zum
Phonetiker-Kongress ICPhS 2007 in Saarbrücken haben einige Studierende und
ich in mehreren Back-Sessions insgesamt 1242 Kekse gebacken. Das werden wir sicherlich
nicht so schnell wiederholen ;-)
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